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Stellungnahme des KOBV Österreich zur Impfpflicht

Stellungnahme des KOBV Österreich
zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Impfpflicht gegen COVID-19

Die Schaffung einer allgemeinen Impfpflicht zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ist zur wirksamen Bekämpfung der Corona-Pandemie und zur Entlastung des Gesundheitssystems dringend erforderlich. Eine möglichst hohe Durchimpfungsrate dient auch dem Schutz von Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können oder die trotz Impfung keine ausreichende Immunreaktion erhalten. Die Impfpflicht wird daher ausdrücklich von uns begrüßt.

Im Interesse der Rechtssicherheit für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen wäre es zusätzlich dringend erforderlich, auch die arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Impfverweigerung gesetzlich zu regeln.

Im Detail wird auf die Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrates verwiesen, der wir uns vollinhaltlich anschließen.

Stellungnahme des Österreichische Behindertenrates:

Allgemeines

Die Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf die Auswirkungen einer Impfpflicht auf Menschen mit Behinderungen.

Ziel dieses Gesetzes ist die Reduktion der Viruszirkulation durch das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von über 90%.

Der ÖBR begrüßt eine allgemeine Impfpflicht, nicht nur zum Schutz der jeweiligen Person selbst, sondern auch aus Gründen der Solidarität mit der Gemeinschaft zum Schutz der vulnerablen Gruppe, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden kann oder bei denen eine Impfung zu keiner ausreichenden Immunreaktion führt. Ebenso dient sie der Entlastung des ohnehin schon über alle Maßen überforderten Gesundheitssystems. Es ist für Menschen mit Behinderungen, die auf körpernahe Dienstleistungen angewiesen sind, besonders wichtig, dass nicht nur sie selbst sondern auch die Unterstützungspersonen geimpft sind.

Begleitend zur Verpflichtung sich impfen zu lassen sehen wir jedoch als unumgänglich, vermehrt Aufklärung sowohl über die Covid-19 Erkrankung und deren Folgen als auch über die Impfung mit den unterschiedlichen Vaccinen zur Verfügung zu stellen. Menschen mit Behinderungen sind nämlich nicht nur vermehrt dem Risiko der Krankheit ausgesetzt, sondern es besteht auch vermehrt Unsicherheit bezüglich der Auswirkungen der Impfungen auf die jeweilige Behinderung bzw. chronische Erkrankung. Menschen, die sich aus großer Angst vor den Folgen einer Impfung dieser verweigern, ist eine intensive psychologische Unterstützung und Begleitung anzubieten. Die Beratungsangebote sowie die Möglichkeiten, sich impfen zu lassen, müssen österreichweit barrierefrei zur Verfügung stehen. Impfangebote müssen, wenn notwendig, auch aufsuchend im Wohnraum der Menschen zur Verfügung gestellt werden. Die Erinnerungsschreiben sind jedenfalls in Leichter Sprache und bei Bedarf auch digital auszusenden.

Um Missbrauch zu vermeiden und Verständnis bei der Bevölkerung zu schaffen, erachten wir es als äußerst wichtig, dass die Kontraindikationen, die zu einer Ausnahme von der Impfpflicht führen, klar definiert und direkt in das Gesetz aufgenommen werden. Vage Begriffe führen nämlich zu Auslegungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit, weiters ist damit die Gefahr groß, dass die Impfverpflichtung verwässert wird. Dazu ist anzumerken, dass die Ausnahmen sehr eng zu definieren sind und wirklich nur jene Personengruppen umfassen sollten, für die die Impfung eine Gefahr für Leib und Leben darstellt.

Aus demselben Grund ist auch der Kreis der Ärzt:innen, die eine Bestätigung eines Ausnahmegrundes ausstellen können, sehr eng zu halten.

Der Österreichische Behindertenrat schlägt dazu vor, dass lediglich die Chefärzt:innen der Sozialversicherungsträger eine solche Bestätigung ausstellen dürfen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, würde es sonst wieder zu Gefälligkeitsgutachten kommen und außerdem die Beziehung der Menschen zu ihren Vertrauensärzt:innen, im Fall einer Verweigerung der Bestätigung, stark belastet werden.

Nicht geregelt werden mit dem Impfpflichtgesetz arbeitsrechtliche Konsequenzen einer Impfverweigerung. Dies ist jedoch nach unserer Ansicht unbedingt notwendig. Die Dienstgeber:innen brauchen klare Vorgaben vom Staat, wie sie mit ungeimpften Mitarbeiter:innen, insbesondere in sensiblen Bereichen wie der Behindertenarbeit umgehen können. Die jetzt fehlende Klarheit geht nämlich zu Lasten der Menschen mit Behinderungen und der Arbeitgeber:innen, führt aber auch zu einer Verunsicherung der Arbeitnehmer:innen, da sie nicht abschätzen können, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen eine Nichtimpfung hat.

Aus Sicht des Österreichischen Behindertenrats sind daher die arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Kündigung, Haftung, Fürsorgepflicht, usw.) und das Verhältnis zu den Vorschriften betreffend den Arbeitsplatz in der jeweils geltenden COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung im Rahmen dieses Gesetzes unbedingt zu klären. Dazu verweist der Österreichische Behindertenrat im Detail auf die Stellungnahme der SWÖ.

Parallel dazu ersucht der Österreichische Behindertenrat Maßnahmen zu treffen – z.B. eine branchenbezogene Impfpflicht, um in Bereichen, in denen körpernahe Dienstleistungen für vulnerable Personengruppen – wie z.B. Menschen mit Behinderungen – erbracht werden, langfristig sicherzustellen, dass nur geimpfte Personen arbeiten.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Ad § 3. (1) Z 2

Die Ausnahmegründe für die Impfpflicht aus gesundheitlichen Gründe (Kontraindikationen) sollen im Gesetz direkt aufgenommen werden.

Der Österreichischer Behindertenrat schlägt dazu vor, in § 3 einen neuen Absatz einzufügen, der lautet:

(1a) Der Ausnahmegrund des Abs 1 Z 2 liegt in folgenden Fällen vor:

a) Von einem Allergologen oder einer Allergologin bestätigte Allergie oder Überempfindlichkeit gegen einzelne Inhaltsstoffe, die in allen zum jeweiligen Zeitpunkt zugelassenen COVID-19-Impfstoffen enthalten sind.

b) Bis zu sechs Monate nach Organtransplantation

c) Graft vs. Host Disease

d) Bis drei Monate nach Stammzelltransplantation

e) Akuter Schub einer schweren inflammatorischen/Autoimmun-Erkrankung bis zur Stabilisierung des Krankheitszustandes

Und in § 3 Abs 5 den 2. Satz durch folgende zwei Sätze zu ersetzen:

[…] „Darüber hinaus kann der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister im Fall der Änderung des Standes der Wissenschaft durch Verordnung von Absatz 1a abweichende Ausnahmegründe gem. Abs 1 Z 2 erlassen. Dabei können neue Ausnahmen geschaffen und bestehende Ausnahmen gestrichen werden.“ […].

Ad § 3 (3)

Die Liste der Ärzt:innen, die eine Ausnahme bestätigen können ist zu weit gefasst. Bescheinigungen gem. § 3 Abs 1 Z 2 sollen lediglich Chefärzt:innen der Sozialversicherungsträger ausgestellt werden können.

Der Österreichische Behindertenrat schlägt dazu vor, § 3 Abs 3 wie folgt umzuformulieren:

Die Ausnahmegründe des Abs. 1 Z 1 und 2 sowie das Fehlen der erforderlichen Entscheidungsfähigkeit gemäß § 173 Abs. 1 ABGB sind durch eine ärztliche Bestätigung eines Chefarztes / einer Chefärztin eines Sozialversicherungsträgers nach Vorlage eines entsprechenden Befundes nachzuweisen.

Ad § 6

Informationen und Erinnerungsschreiben sind barrierefrei zur Verfügung zu stellen.

Beratungsangebote sind barrierefrei zu gestalten.

Der Österreichischer Behindertenrat schlägt vor, dazu § 6 Abs 1 und 2 wie folgt zu ergänzen:

(1) […] Die Informationen und Erinnerungsschreiben sind in Leichter Sprache und bei Bedarf auch digital zu versenden.

(2) Informationen und Beratungsangebote sind umfassend barrierefrei zur Verfügung zu stellen (Leichte Sprache, ÖGS)

Ad § 10

Impfangebote müssen barrierefrei und notfalls auch aufsuchend zur Verfügung gestellt werden, damit die Menschen auch die Chance haben, der Impfpflicht nachzukommen.

Der Österreichischer Behindertenrat schlägt vor, dazu in § 10 Abs 1 nach dem ersten Satz, folgende Satz einzufügen:

(1) […] Der Landeshauptmann hat für Personen, die nicht aus eigener Kraft ihre Wohnung verlassen können, aufsuchende Impfmöglichkeiten bereitzustellen.

Präsident Mag. Michael Svoboda
Generalsekretärin Dr.in Regina Baumgartl
KOBV Österreich
1080 Wien, Lange Gasse 53
Tel.: 01/406 15 86 – 42
Fax: 01/ 406 15 86 – 54
E-Mail: kobvoe@kobv.at

Wien, 5.1.2022

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